Neues Blockheizkraftwerk: Stadtwerke ergänzen ihr bisheriges System

Von der breiten Öffentlichkeit nahezu unbemerkt, entsteht derzeit der Neubau für ein neues Blockheizkraftwerk auf dem Gelände der Stadtwerke.

Frisch gegossen: Das Fundament für das zusätzliche Energieerzeugungszentrum.

Norderney/BD – Ein Graben tut sich derzeit zwischen dem Seniorenzentrum „To Huus“ Nördernee und den Nachbarn auf, die in den dahinter liegenden Reihenhäusern leben. Ihn hat die Stadtwerke ziehen lassen. Aber nur, weil das Unternehmen die Zukunft im Blick hat. Eine andere Wahl hatte das Unternehmen allerdings nicht: Nachdem die Stadt angekündigt hatte, dass sie zum einen eine neue Wohnanlage für Senioren bauen und die vorhandenen Gebäude abreißen lassen will, musste der Energieversorger sich Gedanken über die Fernwärmeerzeugung und -leitung machen. Denn unter dem Ostflügel des alten „To Huus“ befinden sich im Keller drei Heizkessel der Stadtwerke, die das umliegende Wohngebiet mit Warmwasser und Raumwärme versorgen. Das Unternehmen hat in verschiedenen Gebäuden der Stadt, so auch im Haus der Begegnung, Anlagen zur Energieversorgung stehen. Diese Art der Raumnutzung unter städtischen Gebäuden beziehungsweise einer Zusammenarbeit besteht schon lange zwischen Verwaltung und Unternehmen.

Vor über einem Jahr, im Oktober 2019, hatten die Stadtwerke der Stadt bereits mitgeteilt, auf ihrem Gelände ein weiteres Blockheizkraftwerk entstehen zu lassen. Ursprünglich sollte die Anlage diesen Sommer fertig sein. Doch auch hier hatte Corona die Finger im Spiel.

Vor rund drei Wochen, für den Großteil der Öffentlichkeit nahezu unsichtbar, begannen dann die Arbeiten am Fuße des Wasserturms. Wer nicht gerade an die Baustelle angrenzt, bekommt vom Bau nichts mit. Ähnlich ist es mit dem Graben, der direkt auf der Grundstücksgrenze zwischen Seniorenresidenzen und Reihenhäuser entlangläuft. Nur die Anlieger nehmen ihn war. In ihn kommt das neue Rohrsystem für die Fernwärme, die hier eher eine Nahwärme ist, da nur ein räumlich kleines Gebiet versorgt werden muss. Die bisherigen Leitungen führen direkt am alten Gebäude des „To Huus“ entlang. „Wir müssen das Baufeld freiräumen, da die alten Gebäude abgerissen werden. Wir erwarten, dass dort neue Gebäude errichtet werden“, sagt Ingo Lübben, Technischer Leiter bei den Stadtwerken, über die neue Trassenführung. „In der kommenden Woche wird es spannend“, sagt Lübben. Dann kommen die Rohre für die Fernwärmeleitung und werden direkt von der Rolle im Boden abgelegt. Für Lübben bedeutet das etwas Handfestes, „es geht voran“. Gleich in der Folgenacht werden die neuen Rohre an das bestehende System angeschlossen. Was einfach klingt, ist mit Aufwand und Verzicht gekoppelt, da dass Wasser abgelassen werden muss und die vom bisherigen Netz versorgten Häuser etwa acht Stunden ohne Wärmeversorgung sind. Daher finden die Arbeiten laut Lübben nachts statt. Baubeginn soll um 22 Uhr sein, um 6 Uhr morgens soll alles wieder normal laufen. So der Plan.

Vom neuen Gebäude für das zusätzliche BHKW und zwei Heizkessel ist das Fundament fertig. Der Bau auf dem Stadtwerkegelände wird sich an das vorhandene Gebäude anschmiegen, in dem das erste BHKW mit einer thermischen Leistung von 264 Kilowatt steht. Das künftige bringt 380 kW mit ein, die beiden konventionellen Kessel je 720 kW, die das Duo ergänzen werden. Die Gesamtleistung von etwas mehr als zwei Megawatt können rein rechnerisch etwa 180 Einfamilienhäuser versorgen (durchschnittlich vier Personen pro Haus). Ein Haushalt verbraucht in der Regel um die zwölf Kilowatt pro Jahr.

Spannend ist auch, dass einer der drei alten Kessel aus dem Keller des „To Huus“ zu den Stadtwerken umzieht. Er wurde 2015 dort montiert. Bei so einem Schwergewicht allerdings kein unerheblicher Aufwand. Ausgerechnet das jüngste Modell steht hinter den anderen beiden Kesseln im Raum, die also zuerst zerlegt werden müssen.

Ende April, so hofft Lübben, ist der Bau vollendet und alles in Betrieb genommen.

Zeitgleich zu den Arbeiten auf dem Stadtwerkegelände wird das Nahwärmenetz am Quartiersplatz erweitert. Dort baut derzeit die Wohnungsgesellschaft Norderney (WGN) zwei neue Häuser mit insgesamt 32 Wohneinheiten (wir berichteten). Die Reederei Frisia wird mit zwei weiteren Gebäuden nachziehen, nach Abriss des Hauses Westerwald, und auch die WGN plant dort weitere Abrisse und damit einhergehende Neubauten. Für diese Vorhaben und im Rahmen des Quartiersplatzumbaues liegt ein Straßenausbau an, der bereits begonnen wurde. Die Stadtwerke erhielten bei diesem Projekt die Gelegenheit, ihre Anschlussleitungen gleich mitverlegen zu lassen, dazu gehört auch das Rohrsystem für die Fernwärme, einem Nebenprodukt bei der Stromerzeugung durch Verbrennung von Erdgas.