Tatort Norderney: Krimiautorin Anja Eichbaum lässt sich von der Insel inspirieren.

Tote lässt die Aurorin mitunter in Regentonnen im Schlickdreieck auffinden.

Norderney/BD – Die ganze Insel ist ein einziger, riesiger Tatort. Überall Leichen. Wer sucht, findet auf jeden Fall eine oder mehrere. Mindestens der, der Inselkrimis liest. Vor allem die von Norderney. Da steckt dann schon mal ein Toter in der Regentonne. Im Schlickdreieck.

Durchsetzt voller Ortskenntnis präsentieren sich die Werke der Krimiroman-Autorin Anja Eichbaum aus Alfter (Rhein-Sieg-Kreis). Oft hatte sie als Kind Ostfriesland, hier Norddeich und Norderney besucht. „Und das ist immer mehr geworden“, sagt Eichbaum. Vor allem, nachdem sie selbst eine Familie gegründet hatte. Immer häufiger zog es sie mit ihren Lieben auf die Insel. Doch nicht im Sommer. „Eher so Oktober, November. Und das hat sich zu einem Ritual entwickelt“, sagt die Autorin.

Seit 2013 kommt sie mit Familie, aber auch mal allein nach Norderney. „Und diese Inselliebe hat sich immer erweitert.“ Bei den sogenannten dreitägigen „Oasentagen“ der Caritas-Inseloase im Frühjahr nahm Eichbaum an einem Schreibworkshop teil. Die positive Resonanz in der Gruppe und von der Dozentin bestärkte Eichbaum, sich intensiver mit dem Thema auseinanderzusetzen. „Das ist ja ein Thema, das mich mein Leben lang begleitet. Immer haben alle Leute gesagt: Du kannst gut schreiben und irgendwie war das natürlich ein Traum, ein Buch zu veröffentlichen. Das hatte ich immer im Hinterkopf. Und dann habe ich mir geschworen: Das probierst du jetzt. Entweder soll es so sein oder du kannst dieses Thema vergessen“, erzählt die Autorin lachend.

Eichbaum absolvierte einen Schreibkurs, um mehr Handwerk zu erlernen, kehrte in der Zeit noch mal nach Norderney zurück und bekam dort die Idee zum „Inselcocktail“, ihrem ersten Krimiroman, der sofort ein Erfolg wurde. „Den habe ich in drei Monaten so runtergeschrieben. Das musste alles raus und es war irgendwie so witzig, weil ich Teile davon auf der Insel geschrieben habe. Und immer wieder passierten Dinge, die ich quasi in meinem Kopf hatte, die ich erfunden habe und die sich dann genau so zutrugen. Das war sehr skurril und witzig.“ Eines Abends wurde sie zum Beispiel in der Milchbar von einer Facebook-Gruppe von Single- und Alleinreisende angesprochen, als sie gerade am „Inselcocktail“ schrieb und genau das das Thema war. „Ich fand da meine ganzen Protagonisten wieder, die ja schon entwickelt waren. Das war sehr witzig und ich fühlte mich sehr bestätigt“, sagt Eichbaum, die immer ein Notizbuch bei sich hat.

Gleich zwei Verlage

Gleich zwei Verlage zeigten Interesse an ihrem Erstlingswerk. Der Gmeiner-Verlag war mit seiner Zusage binnen 24 Stunden schneller. „Der erste Band ist gut angekommen, die Verkaufszahlen waren schon wirklich gut für so einen Regionalkrimi und Erstling.“ In Band zwei macht Eichbaum einen Abstecher an die Ostsee, bevor sie mit Band drei, „Inselaffäre“ und einem Toten in der Regentonne, auf die Insel zurückkehrte. Und auch der vierte Band, der im kommenden Frühjahr erscheint, spielt auf Norderney. Dabei, räumt die Autorin ein, muss die Idee zum Krimi nicht zwangsläufig mit der Insel zu tun haben. „Meine Idee, meine Bausteine, die setze ich dann in Norderneyfeeling um oder beziehe mich auf etwas, was mir gefallen hat oder dort aufgefallen ist.“ Beim Geocaching mit der Familie hat sie das Schlickdreieck als „eigene kleine Welt“ entdeckt. „Da habe ich gedacht, das würde ich gern als Handlungsort nutzen“, sagt die Alfterin. „Viele Einzelzutaten kommen in einen Topf, werden gut gemischt und dann entsteht daraus halt ein Roman.“ Dabei, räumt Eichbaum ein, könne sie nicht mal kochen – und lacht. Etwas, was sie offenbar gut kann: über sich selbst lachen und vieles nicht so ernst sehen.

Von Corona einmal abgesehen. „Da gucken wir kritisch drauf: Wie wird die Situation auf der Insel sein: zu unserem Schutz und den anderen“, sagt Eichbaum über diesjährige Reisepläne für die Insel. Ganz genau beobachte sie die Lage auf Norderney und Stimmung, „Das, was ich da, so mitkriege, in den ganzen Norderney-Gruppen, so auch diese Anfeindungen, die es da so gibt. Auch das ist ja eine Stimmung, die ich mitkriege.“ Da Spannung ihr Thema ist und sie gern psychologisch motivierte Sachen in ihren Büchern unterbringt, ist das ebenfalls ein Fundus.

Sollte sie es in diesem Jahr nicht auf die Insel schaffen, müsse sie sehen, ob sie auch ohne zusätzliche Inselinspiration schreiben könne. Allerdings kenne sie die Insel mittlerweile so gut, dass sie sich problemlos dorthin träumen könne. „Für mich gibt es kein Tag ohne Norderney“, sagt Eichbaum, die sich in diesem Jahr eine Schreibpause gegönnt hat, obwohl Band fünf schon vom Verlag angefragt wurde.