Geisterboot-Käpt'n hat keine Lust mehr auf Norderney
Zuviele Vorschriften für den Eigner – Findet die „Wibo“ einen neuen Besitzer?
Norderney Er ist entnervt und hat keine Lust mehr: Günther M., Eigner des Norderneyer Geisterschiffs, will eigentlich nur noch seine Ruhe haben. Und er will sein Segelboot Marke Eigenbau mittlerweile loswerden. „Jeder macht Auflagen und stellt Forderungen, was ich erfüllen soll, um irgendetwas tun zu können“, beklagt er. Er fühlt sich müde und zermürbt. Sein Eindruck: „Die wollen mir mein Boot wegnehmen.“ Doch es sei ja sein Eigentum, das könne ihm keiner einfach nehmen. Auch „die“ nicht, sagt er – er meint damit die Behörden, N-Ports, die Wasserschutzpolizei, die Stadt Norderney.
Acht Monate ist es mittlerweile her, dass das Geisterschiff von Norderney bundesweit Schlagzeilen gemacht hat. Die „Wibo“ war Anfang November vor dem Westende der Insel gestrandet. Die Bezeichnung Geisterschiff bekam das Segelboot, weil es aussieht wie aus einer Endzeit-Fiktion – dunkel gefärbter Stahl, ein nach vorn herausgezogener Bug, verschnörkelte Zierelemente. Der „Wibo“ sieht man an, dass ihr Skipper sie selbst zusammengeschweißt hat.
Günther M., der in Freiburg lebt, bezeichnet seinen Segler als Prototypen, den er auf einem etwa 9,5 Meter langen Boot der niederländischen Werft Bouw van Wijk (kurz Wibo) aufgebaut hat. Seit knapp 40 Jahren werkelt der 77-Jährige daran. Auf seinen Prototypen ist er stolz.
Den Rumpf hat er damals aufgetrennt und verbreitert und das Boot zu einem Plattbodenschiff umgearbeitet. „Das ist ja fürs Wattenmeer ein guter Schiffstyp“, sagt er. Und: „Auch wenn viele das bezweifeln: Ich kann damit auch am Wind segeln.“ Jahr für Jahr hat der Eigner an seinem Boot gearbeitet, hat immer wieder etwas verändert und dann auf See ausprobiert, ob funktioniert, was er sich gedacht hat. Seine Hoffnung dabei: dass irgendwer erkennt, dass er da einen ganz neuen Bootstyp entworfen hat, erzählt er. Doch das ist nie geschehen. Stattdessen müsse er sich nun anhören, dass sein Boot nicht seetüchtig sei. „Natürlich ist mein Boot seetüchtig“, betont der Skipper.
Deshalb sieht er auch gar nicht ein, dass seine „Wibo“ Norderney nicht auf eigenem Kiel verlassen darf. Die niedersächsische Hafenbehörde N-Ports – Betreiberin der öffentlichen Häfen an der Küste – hat angekündigt, dass sie das Schiff nicht mehr in ihre Häfen einlaufen lassen wird. Insbesondere nicht, so lange der Skipper für die Jacht keine Haftpflichtversicherung und zusätzlich eine Bergeversicherung abgeschlossen hat.
N-Ports lässt somit auch nicht zu, dass das Schiff in Norderneys Hafen zu Wasser gelassen wird. Denn die Hafenbehörde des Landes kann als Hausherrin die Hafennutzung untersagen, wenn sie Zweifel an der Seetüchtigkeit hat. Mehr noch: Sie kann eine Begutachtung der Jacht fordern, wenn sie die Havarie vor Norderney als Seeunfall bewertet. Und genau das steht im Raum.
Zur Strandung auf Norderney war es am 6. November vergangenen Jahres gekommen, als der „Wibo“-Skipper und Eigner sein Schiff wegen eines Motor- und Ruderschadens an den Weststrand der Insel gesetzt hatte. Wind und Strömung hatten das Boot nach Norderney getrieben statt zum eigentlichen Zielhafen Emden.
Zweimal war ein Transport des havarierten Bootes per Fracht ans Festland gescheitert, weil der Eigenbau Überbreite hat und gesonderte Genehmigungen für den Tieflader erforderlich sind. Die hatten bei beiden Terminen nicht vorgelegen.
Weil alles so kompliziert und aufreibend sei und weil von Norderney nun regelmäßig Rechnungen in seinem Briefkasten landen, will Skipper Günther M. seine „Wibo“ womöglich abgeben. „Ich möchte auch gar keinen deutschen Hafen mehr anlaufen, sondern will in die Niederlande“, erzählt er. Dort, so hofft er, findet er eventuell einen neuen Liegeplatz. Oder es findet sich ein Liebhaber, der ihm sein Boot abkauft.
Doch dazu muss es erst von Norderney weg. Und wie er das bewerkstelligen soll, weiß der Freiburger noch nicht. „Ich habe schon mit einem Anwalt gesprochen“, sagt der Skipper. „Und der sagt, die müssen mich aus dem Hafen rauslassen.“
Auf Norderney würde man übrigens nichts lieber sehen, als dass das Geisterschiff endlich Land gewinnt; auch, weil die Fläche am Hafen, auf der das Boot jetzt liegt, irgendwann für andere Zwecke benötigt wird. „Das Thema brennt aktuell noch nicht, dauerhaft wird das Schiff dort aber nicht bleiben können“, hatte Insel-Bürgermeister Frank Ulrichs Ende April auf Nachfrage mitgeteilt. Und: „Wir suchen nach Lösungen, warten aber noch auf die Rückkehr von Herrn M.“ – doch der weiß noch nicht, wann er es einrichten kann, von Freiburg wieder an die Nordsee zu kommen. „Ich möchte auch gar keinen deutschen Hafen mehr anlaufen, sondern will in die Niederlande“, meint der Eigner der „Wibo“. anz