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Erstellt:
27. September 2023, 08:00 Uhr
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Wanderausstellung „abgestempelt“ mit judenfeindlichen Postkarten auf Norderney

Aufklärung über diskriminierende Etikettierungen am Beispiel Antisemitismus

Wanderausstellung „abgestempelt“ mit judenfeindlichen Postkarten auf Norderney

Norderney Das Museum Nordseeheilbad Norderney zeigt ab morgen die neue Sonderausstellung „abgestempelt – Judenfeindliche Postkarten“. Die Ausstellung ist bis zum 26. November zu besichtigen. Es handelt sich dabei um eine Wanderausstellung der Bundeszentrale für politische Bildung und der Sammlung Haney, basierend auf der gleichnamigen Ausstellung des Museums für Kommunikation und des Jüdischen Museums Frankfurt am Main, überarbeitet von Prof. Dr. Thomas Goll, TU Dortmund.

Ähnlich der Art wie sich Menschen heutzutage über die sozialen Medien austauschen, wurden im 19. und 20. Jahrhundert Postkarten genutzt. Denn auch damals schon wurden diese nicht nur auf eine positive Weise genutzt, sondern auch zum Verbreiten von politischen Botschaften, rassistischen Stereotypen und ethnischen Vorurteilen. Stereotype und überspitzte Darstellungen von Menschen ist eine Art der Meinungsverbreitung, welche seit jeher existiert. Die Ausstellung „abgestempelt – Judenfeindliche Postkarten“ zeigt verschiedene antisemitische Postkarten aus dieser Zeit und bietet einen Einblick in den schon vor dem Nationalsozialismus bestehenden Antisemitismus und die Vorurteile, mit denen die Juden damals zu kämpfen hatten.

Über die Jahre hat der Berliner Sammler Wolfgang Haney fast 1000 antisemitische Postkarten zusammengetragen, von denen eine Auswahl in der Wanderausstellung „abgestempelt“ dokumentiert ist. Die meisten stammen aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg. Sie sind als historische Quellen zu verstehen, die als Gebrauchsgegenstände einen unmittelbaren Blick in die Welt des Alltags, geprägt durch Vorurteile und Diskriminierungen, ermöglichen.

Die Ausstellung verfolgt jedoch nicht nur das Ziel, etwas Vergangenes zu präsentieren. Vielmehr will sie Besucherinnen und Besucher über Motive und Bildsprachen aufklären, damit sie lernen, sowohl Antisemitismus als auch andere Formen diskriminierender Etikettierungen in der Gegenwart zu erkennen und zu deuten; denn nur wenn man in der Lage ist, Codes zu dechiffrieren und Symbole zu erschließen, kann man sich dagegen wehren. Wer die Ausstellung besucht hat, wird die im privaten, halböffentlichen und öffentlichen Raum geführten Diskurse zum Beispiel über „die“ Ausländer oder „den“ Islam reflektierter wahrnehmen können.

Was heute SMS und MMS über das Handy, Tweets auf Twitter, Nachrichten auf WhatsApp oder Messages auf Instagram sind, waren in der analogen Welt Ende des 19. und bis weit ins 20. Jahrhundert hinein Bildpostkarten. Mit ihnen konnte man unkompliziert und günstiger als mit Briefen Nachrichten und Grüße versenden.

Wie jedes andere Medium, wurden sie jedoch nicht nur dazu genutzt, den Urlaubsort vorzustellen oder Festtagsgrüße auszutauschen, sondern dienten häufig auch dazu, mehr oder weniger offen politische Botschaften, ethnische Vorurteile und rassistische Stereotype zu verbreiten.

Am Beispiel antisemitischer Postkarten wird in der Ausstellung „abgestempelt“ deutlich, dass scheinbar harmlos daherkommende Alltagsstereotype häufig nicht nur die Grenzen des „guten Geschmacks“ übertreten, sondern auch in blanken Hass oder übelste Diffamierung ausarten können und somit alles andere als harmlos sind.

Klar wird auch, dass sich Antisemitismus öffentlich nicht erst im Nationalsozialismus manifestierte. Vielmehr war er schon im 19. Jahrhundert ein verbreitetes Phänomen, alltäglich und geläufig – sonst hätte man nicht mit antijüdischen Motiven auf Postkarten Werbung betreiben können. Bemerkenswert sind dabei vor allem die gegenläufigen Bilder über „den“ Juden, der zugleich als „Hausierer“ und „Bonze“ oder als „kapitalistischer Ausbeuter“ und „kommunistischer Weltverschwörer“ dargestellt wurde. Juden konnten den Vorurteilen der Antisemiten nicht entkommen, gleichgültig wer sie waren und was sie taten.

Das galt nicht nur für Deutschland: Ähnliche Postkarten gab es auch in anderen Ländern, wie zum Beispiel Frankreich, Polen, Russland und den USA.

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